Das Internet ist wohl zu einem der wichtigsten Medium für Behinderte
geworden. Doch wie auch in der Gesellschaft werden auch hier bereits
Barrieren aufgebaut.
Mit dem World Wide Web (WWW) haben wir alle ein Medium erhalten,
das ganz neue Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ermöglicht.
Es ist dabei selbstverständlich, dass wir alle diese Möglichkeit
nutzen können, und es sollte genauso selbstverständlich
sein, dass keiner dabei diskriminiert wird.
Bei der Gestaltung von Webseiten wird jedoch oft nicht berücksichtigt,
dass viele Menschen die eine oder andere Einschränkung
haben und dass sie bei bestimmten Techniken der Programmierung von
WWW-Seiten nicht weiter kommen können. Diese "Barrieren"
können fehlende Texte zur Beschreibung von Grafiken sein, eine
unglückliche Auswahl der Farbkombinationen, u.v.m.
Diese Barrieren behindern Menschen auf unterschiedliche Art. Die
Möglichkeiten, sie zu beseitigen, sind alle bereits vorhanden
und leicht umzusetzen. Solange die Gestalter von Webseiten die Anforderungen
zur Barrierefreiheit nicht umsetzen, können deren Seiten als
"diskriminierend" gegen Menschen mit Behinderung aufgefasst
werden. Es ist an der Zeit, dass im WWW die Sensibilität für
barrierefreies Webdesign – d.h. behindertengerechter Zugang zu
WWW-Seiten – steigt.
Das Netz der Netze bietet viele Möglichkeiten zum selbständigerem
Leben für Menschen beispielsweise mit einer starken Sehbehinderung.
Ist das Lesen der Zeitung oder einer anderen Lektüre nur noch
mit höchster Konzentration möglich, kann sich dieser Mensch
mit einem Computer, auf dem spezielle Software zum "Vorlesen"
von Texten installiert ist, ausstatten, und Texte mit einem Scanner
einlesen. Viel einfacher geht es aber, wenn er die Informationen
im Internet lesen kann, da die Texte ohne Umwege vorgelesen werden
kann.
Dies geht aber nur, wenn der Weg zur Seite und die Seite selbst
von seiner Software gelesen werden kann!
Die Barriere der nicht-textorientierten Informationen und viele
andere Hürden sollten bereits bei der Planung und Gestaltung
von Websites berücksichtigt werden. Wenn die Seiten jedoch
bereits erstellt wurden, dann ist es pragmatischer, folgende Schritte
vorzunehmen:
Wichtigste Seiten (Anlaufpunkte / vielbesuchte Seiten) zuerst
an die wichtigsten Anforderungen zur Barrierefreiheit anpassen,
Vorlagen für neue Seiten so anpassen, dass sie alle
Anforderungen zur Barrierefreiheit erfüllen; Barrierefreiheit
in die Qualitätskontrolle einbinden, weitere wichtige, aber
nachrangige Seiten an die wichtigen Kriterien anpassen,
wichtigste Seiten auch an nachrangige Kriterien der Barrierefreiheit
anpassen.
Wo liegen die Barrieren?
Ohne Zweifel stehen Sehbehinderte und Blinde vor den größten
Barrieren, wenn sie mit dem Computer arbeiten und damit auch ins
Internet wollen. Dies liegt daran, dass sie sich spezieller Hilfsprogramme
bedienen müssen, die die Bildschirmdarstellung vergrößern
oder ändern (Vergrößerungs-Software = Screen
Magnifier) bzw. die Bildschirminhalte an Soundkarte oder Braille-Zeile
ausgeben (Brücken-Software = Screen Reader). Eine weitere Gruppe
von Surfern, die vor Barrieren im Internet steht, sind diejenigen,
die keine Maus benutzen können und stattdessen auf Tastatureingabe
zur Bedienung der Maus angewiesen sind.
Screen Reader und Textorientierung
Um überhaupt mit dem Computer arbeiten zu können, benötigen
Blinde und ein Teil der Sehbehinderten eine zusätzliche Software,
die die Signale an den Bildschirm abfängt und neu interpretiert.
Diese Spezialsoftware wird als "Screen Reader" bezeichnet.
Weiterhin verwenden viele eine Braille-Zeile, eine erweiterte
Tastatur, die unterhalb der "normalen" Tasten einen Ausgabebereich
für Zeichen in Blindenschrift enthält. Die Übersetzung
des Bildschirminhalts für blinde Computerbenutzer durch den
Screen Reader erfolgt entweder in Blindenschrift über die Braille-Zeile
oder in synthetischer Sprache, beispielsweise über eine Soundkarte.
Die Eingabe in den Computer ist hingegen unproblematisch und geschieht
über die Tastatur.
Unter diesen Voraussetzungen können Blinde und Sehbehinderte
im WWW surfen. Natürlich ist dies mit gewissen Einschränkungen
verbunden. Die Inhalte von Bildern und Grafiken bleiben nach wie
vor "verborgen".
Ein bedeutsamer Nachteil von Screen Readern ist ihre statische
Natur. Wenn der Bildschirminhalt einmal eingefangen ist, werden
dynamische Prozesse nicht mehr erfasst, z.B. wenn eine Grafik
oder ein anderes Element sich ändert und etwas zusätzliche
Informationen anbietet, wenn die Maus darüber gehalten wird.
Diese werden meist mit JavaScript oder anderen Skripten erzeugt.
Auf JavaScripts muss nicht verzichtet werden. Jedoch sollten Sie
bei entscheidenden Stellen, die für die Interaktion wichtig
sind, eine Alternativeingabe über einen Link vorsehen.
Screen Magnifier und andere Darstellungsveränderungen
Ein Screen Magnifier stellt einen Teil der "normalen"
Darstellung auf dem Bildschirm vergrößert dar. Das bedeutet,
dass der Benutzer immer nur einen kleinen Teil des Bildschirms wahrnehmen
kann. Ist er auf eine 4fache Vergrößerung angewiesen,
so sieht er nur 1/16 des Bildschirms zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Auch andere Anpassungen der Darstellung, z.B. die Farben,
können durch Veränderungen in der Systemsteuerung von
Microsoft Windows für Sehbehinderte eine große Hilfe
sein. Diese haben auch Wirkung in einzelnen Programmen, auch in
Internet-Programmen. Dies führt in manchen Fällen zu Problemen,
wenn Webgestalter einen Teil ihrer Farben selbst definieren, und
einen anderer Teil dem Betriebssystem überlassen.
Tastatureingabe
Oft wird nichtsahnend vorausgesetzt, dass jeder eine Maus benutzt.
Stellen Sie sich aber vor, Sie müssten Ihren Computer entweder
mit Boxerhandschuhen oder mit Ihren Füßen bedienen. Da
würde sicherlich eine normale Maus keine besondere Hilfe sein.
Spezielle Tastaturvorrichtungen sind da die Alternative, die jedoch
vor einer Barriere steht, wenn Funktionen ausschließlich mit
der Maus bedienbar sind.
Jemand, der nicht sehen kann, kann ebenfalls keine Maus bedienen.
Die Screen Reader-Hersteller haben Lösungsansätze hierfür
gefunden, aber es sind eben Ansätze, die die Nutzung von Mausfunktionen
über Tastatur begrenzt ermöglichen.
Weitere Barrieren
Neben diesen technisch-orientierten Barrieren, die oft durch die
Einhaltung von "Spezifikationen" oder Normen behoben werden
können, gibt es viele Barrieren, die sehr individuell
ausgeprägt sind.
Viele Sehbehinderte stehen auch dann vor Barrieren im Internet,
wenn sie keinen Screen Reader oder Magnifier einsetzen müssen.
Da dieser Personenkreis aufgrund der Vielfältigkeit der Einschränkungen
meist sehr individuelle Anforderungen an die Anzeige auf dem Bildschirm
hat, ist es hier wesentlich schwieriger, optimale Anforderungen
zu formulieren. Einige grundsätzliche Schwierigkeiten treten
jedoch relativ häufig auf.
Hinsichtlich einer ganzen Reihe anderer Behinderungen bestehen
weitere Barrieren im Internet.
Jan Eric Hellbusch hat zum Thema "Barrierefreies Webdesign"
das Buch –Barrierefreies
Webdesign – im KnowWare-Verlag veröffentlicht. Weitere
Informationen zum Thema finden Sie auf seiner Homepage